Autor: Leo Tolstoi
Seiten: 1168
Verlag: Weltbild
Genre: Klassiker
Inhalt:
Anna Karenina gehört zu den bekanntesten literarischen Ehebrecherinnen. Sie könnte glücklicher nicht sein, hat sie doch einen liebenswürdigen Sohn und einen treusorgenden Ehemann, welcher ihr Zugang zu den hohen Gesellschaftsschichten verschafft. Anna ist zudem hübsch und klug und verzaubert durch ihr Aussehen und ihren Charakter jeden Menschen, der zu ihr Kontakt hat. Doch als sie Graf Wronski kennen lernt, verliebt sie sich Hals über Kopf in ihn und stellt ihr ganzes bisheriges Leben in Frage.
Doch nicht nur von Anna handelt dieses Buch, sondern auch von ihrem Bruder Stepan, der seine Frau Dolly betrügt und einen Hals voll Schulden hat, ebenso wie von Ljewin, einem Studienfreund Stepans und seiner Herzensdame Kitty.
Meine Meinung:
Ich wollte "Anna Karenina" schon sehr lange lesen, weil es für mich ein Klassiker ist, den man (ich) gelesen haben sollte. Über die ersten 60 Seiten bin ich nie hinausgekommen, bis sich die Möglichkeit geboten hat, mit einer lieben Bloggerkollegin dieses Buch zu lesen. Ich habe es nicht bereut.
Der Einstieg fiel mir beim ersten Mal nicht sehr leicht, da ich die verschiedenen Personen nicht auseinander halten konnte, obwohl ich nach zwei Jahren Russisch in der Schule zumindest etwas vertraut mit den Endungen war. Bei unserer Leserunde haben Janine und ich die Wikipedia Übersicht zur Hilfe genommen, die die wichtigsten Personen samt Spitznamen und Verwandtschaftsverhältnissen aufführt. Achtung: Diese Liste spoilert ein bisschen, was die im Verlauf der Geschichte geborenen Kinder und geschlossenen Ehen angeht, das hat mich aber nicht weiter gestört, da es nicht sehr überraschend war.
Diese unterschiedlichen Personen sind auch ein Pluspunkt für mich, da die Handlung so abwechslungsreich ist und sich schnell Lieblingscharaktere, aber auch Hasscharaktere bilden, was sich im Laufe der Geschichte durchaus noch ändert. Außerdem werden gesellschaftliche Ereignisse nicht nur aus Sicht der beteiligten Personen geschildert, sondern man bekommt auch den üblichen Tratsch mit.
Für viele abschreckend sind möglicherweise auch Länge und Sprache dieses Klassikers. Darüber habe ich mir anfangs auch Gedanken gemacht, allerdings zu Unrecht, wie ich feststellen musste. Das Buch ist in acht Teile aufgeteilt, von dem jeder Teil jeweils knapp über 30 Kapitel hat. Die Kapitel sind also meistens recht kurz, sodass man auch häufiger wenige Seiten lesen kann und oft gar nicht merkt, wie viele Seiten man schon wieder umgeblättert hat. Auch wenn man längere Zeit nicht, oder parallel ein anderes Buch liest, findet man immer gut in die Geschichte hinein.
Die Sprache hat mir auch weniger Schwierigkeiten gemacht als erwartet, da sie zwar anders ist als unsere heutige, aber ich hatte nicht das Gefühl das die Sätze so gestelzt waren, dass ich nicht mehr wusste was eigentlich ausgedrückt werden soll. Ab und an gibt es schon einige sehr lange Sätze, sie waren aber immer gut verständlich. Da Janine und ich unterschiedliche Ausgaben besitzen, hatten wir die Möglichkeit miteinander zu vergleichen. Es zeigen sich natürlich Unterschiede in der Wortwahl und dem Satzbau, aber der Sinn unserer verglichenen Zitate war immer identisch. Wenn man also die Möglichkeit hat, kann man in unterschiedliche Ausgaben/Übersetzungen reinschauen und entscheiden, mit welcher man am besten klarkommt.
Genervt haben mich an diesem Buch auch einige Dinge, weshalb ich dann doch keine fünf Punkte vergeben kann.
Einige Eigenschaften wurden ständig wiederholt um die Charaktere zu beschreiben. Wronski hat beispielsweise blendend weiße Zähne, die er auch mit Vorliebe zeigt. Die Damen sind durch die Bank weg schüchtern, oder erröten schnell, am besten beides gleichzeitig und auch einige Männer müssen permanent mit rotem Kopf durch die Gegend laufen, so peinlich sind ihnen einige Sachen. Es ist ja schön und gut, dass Wronski seine Zähne gut pflegt, aber das muss nicht jedes Mal erwähnt werden, wenn von ihm die Rede ist.
Ebenfalls genervt hat mich, dass die Charaktere so wankelmütig sind. Es ist unglaublich wie rasend schnell eifersüchtig manche von ihnen werden, ihren Ehepartner aus tiefstem Herzen hassen und überzeugt sind, er oder sie liebe ihn nicht mehr und in der nächsten Sekunde ist dann wieder alles in Ordnung. Natürlich spielt das Buch zu einer Zeit, als man sich Mätressen gehalten hat und kaum einer an eine Liebesheirat dachte, sodass der Stellenwert von Liebe und Eifersucht ein wenig anders waren. Dennoch war es mir an der ein oder anderen Stelle einfach zu viel des Guten und ich habe mir gewünscht, dass die Charaktere jetzt endlich mal wissen ob sie sich lieben oder eben nicht.
Im Großen und Ganzen war die Handlung sehr spannend, was ich so nicht erwartet habe. Klar, die Spannung ist anders als in einem Krimi, aber ich hatte doch häufig das Bedürfnis noch ein Kapitel und vielleicht noch eins und noch eins zu lesen, weil ich wissen wollte wozu sich der ein oder andere Charakter entschließt. Besonders Ljewin war mir total sympathisch, weil er sehr ruhig ist und lieber auf seinem Gut auf dem Land lebt, als sich in der Moskauer Oberschicht zu bewegen.
Mein Interesse an der Geschichte wurde an einigen Stellen dadurch gemindert, dass es lange Passagen über gesellschaftliche, politische und philosophische Theorien gab, die mir nicht geläufig waren und ich mich so gelangweilt habe. An diesen Stellen merkt man dann, dass der Autor einen starken Gerechtigkeitssinn hatte und sich für die Bauern in seiner Umgebung einsetzte. Für mich hätten diese Stellen ein wenig gekürzt werden können, da die ausführlichen Diskussionen eher Platz in thematisch passenden Abhandlungen gefunden hätten.
Fazit:
Anna Karenina ist ein Roman, von dessen Länge und Bezeichnung als Klassiker, man sich nicht abschrecken lassen sollte. Die Handlung ist sehr abwechslungsreich, da viele verschiedene Charaktere beleuchtet und viele Themen angesprochen werden. Die Sprache ist verständlich, man wird nicht von Schachtelsätzen erschlagen und die Kapitel haben eine angenehme Länge. Einige Passagen und Wortwiederholungen hätten allerdings gekürzt werden können und gegen Ende haben mich die meisten Charaktere durch ihr ständiges Hin und Her genervt. Da mich der Roman aber mit einem positiven Gefühl zurücklässt, vier von fünf Punkten!
4/5 Punkte
Huhu liebste Julia,
AntwortenLöschenDu hast es endlich fertig!! Gratuliere :)
Und ich finde deine Rezension dazu toll geschrieben.
Viele Grüße
Vielen Dank. Für's gratulieren und dein Lob :) Ich bin auch stolz auf Janine und mich, muss ich sagen :D
LöschenJuhuu! Du hast es geschafft! Herzlichen Glückwunsch! ;)
AntwortenLöschenDanke :) Es war teilweise nicht leicht, aber man sieht: Durchhaltevermögen zahlt sich aus! Tschakka :)
LöschenJa Julia, da fehlen mir doch echt die Worte! :D So eine ausführliche und professionell wirkende Rezension! Du triffst es aber auch perfekt auf den Punkt mit deinen Ausführungen.^^ Meine Rezension ist seeeeehr viel kürzer und nicht ganz so persönlich wie bei dir ausgefallen. ;)
AntwortenLöschenLiebste Grüße ♥
Jetzt fehlen mir die Worte :D Danke, sehr. Mir persönlich fehlt ja in meiner Rezension ein bisschen der konkrete Bezug zu den Personen, aber dahingehend ist das Buch so komplex... da fiel mir nichts ein.
LöschenIch konnte mich mal wieder nicht bremsen :D
Total toll, dass ihr es jetzt ausgelesen habt und immer so ambitioniert dabei geblieben seid! :) Gratulation von mir, dass das so schnell gegangen ist, ich denke nicht weniger Leser sind entweder daran gescheitert, oder haben vieeeel länger gebraucht.
AntwortenLöschenLiebe Grüße!
Danke :) Es ist ja auch durchaus nicht schlimm, dafür länger zu brauchen, hat sich bei uns halt so ergeben. Ich lese Bücher grundsätzlich aber lieber schneller und dafür gar nichts, wenn ich keine Zeit habe, weil ich so leicht Personen oder Ereignisse vergesse.^^
LöschenHey! :) eine richtig tolle Rezension hast du da verfasst, lässt sich sehr gut lesen. Freut mich, dass dir das Buch so gut gefallen hat. Hab auch grad bei Janine schon geschrieben, dass ich es immer schön finde, heutzutage noch Klassiker zu lesen und wenn diese einem auch noch gefallen ist das natürlich noch viel besser.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Carina
Danke schön :)
LöschenIch finde das auch toll Klassiker zu lesen, das ist mal was anderes. Da hatten die Leute noch ganz andere Probleme als heutzutage. :D
Herzlichen Glückwunsch, dass du Anna Karenina gelesen hast! :)
AntwortenLöschenEs freut mich, dass dir das Buch letztendlich doch so gut gefallen hat, ich mochte es ja auch sehr gerne.
Deine Rezension ist wirklich gut gelungen und ich verstehe deine Kritikpunkte sehr gut, wobei ich mich an manche Kleinigkeiten nicht mehr so gut erinnern kann... ist ja auch schon etwas her^^
Liebe Grüße,
Lyrica
Hallo,
Löschendanke :) Ich freue mich auch, dass es mir gefällt, bin gleichzeitig aber ein wenig überrascht darüber. Bei Klassikern hat man ja leicht das Vorurteil, dass man nach dem Lesen sagt "Ja schön, hätte ich mir aber auch schenken können". Jedenfalls hab ich das Vorurteil ;)
Übrigens, wenn ich nicht noch einen starken Anfall von "Was um Himmels willen tust du hier eigentlich?" bekomme, werde ich dann morgen meine "was man gelesen haben sollte" Liste posten. Es ist aber eigentlich mehr Gelaber als Liste...
Grüße,
Julia
Ich bin beeindruckt , wie ihr beide das durchgezogen habt.Und deine Rezi erst, die ist echt super. Ich glaube aber das Buch ist nichts für mich, weil ich schon bei Stolz und Vorurteil an den ganzen Namen und Charakteren gescheitert bin und nach 100 Seiten aufgegeben habe ( ja ich weiß schande über mich)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sophie
Danke schön :)
LöschenAch, ich finde das gar nicht schlimm. Du hast es ja immerhin versucht und vielleicht hast du irgendwann wieder Lust drauf oder es ergibt sich die Möglichkeit einer Leserunde?! Ich habe Anna Karenina ja auch schon mal angefangen und dann wieder aufgehört. Du bist ja noch jung, vielleicht hast du in ein paar Jahren wieder Lust auf das Buch, findest eine Personenübersicht im Internt (die mir bei Anna Karenina anfangs wirklich geholfen hat) und dann klappt es doch ;) Und wenn nicht ist ja auch nicht schlimm...